Gamestar Interview mit der USK

  • Mit USK-Leiter Marek Brunner im Gespräch


    Die USK ist immer wieder heiß in der Diskussion, wenn es um die Altersfreigaben von Computer- und Videospielen geht. Die einen sehen die Alterseinstufungen der Behörde als zu übertrieben hoch an. Wieder andere empfinden die Vorgehenseweise der USK als zu lasch. Manch einer spricht sogar von Zensur, wenn über die Arbeitspraxis der USK geredet wird.


    Die Kollegen der Gamestar haben nun ein sehr interessantes Interview mit dem Leiter der USK-Testabteilung, Marek Brunner, geführt.


    Die erste Frage des Interviews zielte darauf ab, wie die USK dazu steht, dass immer wieder diverse Politiker eine Verschärfung der Altersfreigaben fordern, zum Beispiel im Falle von Counterstrike 1.6 und World of Warcraft. Beide Spiele werden immer wieder als Killerspiele bezeichnet. Counterstrike wurde ab 16 Jahren eingestuft und WoW ab 12.


    Marek Brunner darauf:



    "Es gibt eben verschiedene Wahrnehmungen von Spielen. Wer meint, die USK wäre zu lasch, meint damit letztendlich auch die Arbeit der Bundesländer, die sowohl die Gutachter stellen als auch den Ständigen Vertreter benannt haben. Aber Menschen werden immer alles in ihrer Macht Stehende tun, um ihre Welt vor dem Untergang zu bewahren. Es wäre nur schön, wenn man vorher ein paar Wissenschaftler und Profis aus dem Spielesektor anhören würde."



    Im weiteren Verlauf des Interviews ging es dann unter anderem auch um die innere Struktur der USK und die immer wieder aufflammende Kritik, dass die Gutachter ein Spiel nicht selbst spielen, sondern es sich durch einen USK-Prüfer vorspielen lassen. Diese seien jedoch als Spieler nicht objektiv genug.


    Marek Brunner:



    "Die praktische Frage ist: Wer soll denn Spiele spielen? Wird nicht jeder ein Spieler, der Spiele spielt? Würden die Gutachter spielen, würde das nicht nur enorme Zeit und Unsummen verschlingen, die Vorteile einer solchen Aktion wären zudem kaum sichtbar."



    Auch über das Auswahlverfahren für USK-Tester verlor Brunner ein paar Worte:



    "Unsere Sichter werden gecastet. Es gibt eine Warteliste von 200 angehenden Testern, wir greifen uns die besten heraus. Neue Tester setzen wir zum Training erst einmal nur an bereits geprüfte Titel. Danach folgen Titel ohne Altersbeschränkung. Erst später lassen wir den Neuen auf die höheren Ratings los. Weibliche Sichter gibt es übrigens keine, die Männer waren bisher immer besser."


    Was genau nun damit gemeint ist, dass Männer als Tester besser seien als Frauen, wurde hierbei jedoch nicht ersichtlich.


    Immer wieder stellen sich die geneigten Spieler und Leser auch die Frage, nach welchen Kriterien bei einer USK-Prüfung vorgegangen wird. Dafür gibt es ein umgangsprachlich als "Sichterbibel" bezeichnetes Dokument. Diese enthält Testgrundregeln für die unterschiedlichsten Genres. Was muss wie gespielt werden, wer muss wie und auf welche Weise virtuell sterben? In dieser "Sichterbibel" sind zudem alle bereits bekannten Szenarien aus den unterschiedlichsten Spielen dokumentiert und sie soll damit den Tester zur Sorgfalt bei der Prüfung mahnen. Gleichzeitig soll aber auch zu den "fiesesten Aktionen inspiriert werden", wie Marek Brunner berichtete. So müsse man sich als Tester auch die Frage stellen, ob man beispielsweise Pixelleichen stapeln könne, um durch ein Fenster in den nächsten Raum zu gelangen.


    Brunner ging auch auf die Frage ein, ob die USK von der Medienwirtschaft bezahlt sei, ein Vorwurf, der unlängst durch die CSU-Sozialministerin Christine Haderthauer in Umlauf gebracht worden ist.



    "Der Vorwurf wäre immer derselbe, ob die USK nun aus Steuergeldern und direkt aus Verfahrensgebühren finanziert werden würde. Natürlich muss eine Firma für eine Dienstleistung bezahlen. Bezahlt wird nach Aufwand und Verfahren, nicht nach Rating oder Firmensitz. Die Gutachter sehen alle spielerisch und jugendschutztechnisch relevanten Szenen. Das wird auch immer wieder aus den Gutachten deutlich."



    Im Interview wurde des Weiteren auch Stellung in Bezug auf den Vorwurf Christian Pfeiffers genommen, die USK sei zu lasch in ihrer Bewertung, was man besonders an der ab 16-Einstufung für Counterstrike erkennen könne:



    "Das ist einfach. Die deutsche Version ist ja durchaus schon entschärft. Und dass Waffenkauf, Duckjumps, abgeriegelte Karten und Rundenzeiten etwas mit Krieg in der Wirklichkeit zu tun haben, kann wirklich keiner sagen. Das sah ja auch die BPjM ähnlich und indizierte die US-Version von Counter-Strike nicht, wegen des kommunikativen und sportlichen Charakters. Dennoch finden die Gamer Freigaben zu hart, die Industrie auch, einige Politiker finden sie zu lasch. Es ist schwer, mit den normalen Mitteln einer GmbH eine riesige Aufklärungskampagne zu starten, um unsere Position klar zu machen."



    Im Falle von Dead Space, einem mittlerweile sehr bekannten Horrorshooter aus dem Hause EA, war vielen Leute lange unbegreiflich, wie ausgerechnet dieses brutale Spiel durch die USK in seiner unzensierten Form eine kJ-Freigabe bekommen konnte.



    "Beim Aufbau der USK wurde stark auf plurale, ungebundene Gremien geachtet. Jeder Mensch wird mit seinem Wissen und seinem Bauchgefühl seine Entscheidung vertreten, genau wie vor Gericht können Kriterien dann aber eben ganz verschiedenen ausgelegt werden. Im Fall von Dead Space war das dritte Gremium der Beirat der USK, der das Szenario und den eigentlichen Spielablauf vor die Gewaltspitzen stellte. Auch wenn der Beirat die Entscheidung der Gutachter verstand, gewichtete er gewisse Elemente eben anders."



    Da in Deutschland viele Spiele für Erwachsene Menschen nur in einer zensierten Version erscheinen, ist immer wieder der Vorwurf zu hören, dass die Altersfreigabeprüfungen der USK einer Zensur gleichkämen. Auch auf dieses Argument ging Marek Brunner ein:



    "Es ist keine Zensur, weil es keine staatlichen Auflagen für die Medien gibt. Jedes Spiel darf in Deutschland an Erwachsene abgegeben werden. Erst durch die USK wird ein Verbreitungsprivileg vergeben, Spiele auch Jüngeren zugänglich machen zu können. Der Anbieter ist Herr des Verfahrens, bei der USK wird nicht geschnitten. Wir stufen das ein, was bei uns eingereicht wird. Wenn der Anbieter eine Indizierung befürchtet, ändert er sein Spiel. Es gibt aber noch andere Gründe: Mit der gekennzeichneten Fassung kann auch über die Indizierung der Originalversion hinaus Werbung gemacht werden. Anbieter riskieren höchst selten einen Titel, der eventuell schon morgen nicht mehr beworben und ausgestellt werden darf. Das ist verständlich."



    Interessant ist bei der Prüfpraxis der USK auch der Aspekt, dass mancher Publisher für sein Spiel lieber eine höhere Altersfreigabe hätte als eine entsprechend niedrige. Bei Erotikspielen sei es beispielsweise so, dass diese sich mit einer Freigabe ab 12 Jahren dann auch entsprechend schlecht verkaufen. Insofern kann eine niedrige Altersfreigabe Gift für das Marketing ganz bestimmter Spiele sein. Allerdings hat der Publisher bei der Entscheidungsfindung in Bezug auf die Altersfreigabe keinerlei Mitspracherecht. Hier entscheiden die Gutachter allein.


    Im Interview ging es auch noch darum, dass die USK immer mehr Titel ab 18 Jahren einstuft, was die Frage aufwarf, ob sich die USK dem Druck der Politik beugt oder nicht. Brunner meinte daraufhin, dass sich an den Prüfkriterien der USK nichts wirklich Signifikantes geändert habe. Die Spiele selbst seien auch nicht brutaler geworden. Allerdings habe sich das Angebotssortiment geändert. So argumentiert Brunner damit, dass beispielsweise im PC-Bereich mehr 18er-Titel zu verzeichnen wären, weil in den anderen Altersregionen immer weniger Spiele produziert würden. Vor allem Spiele ohne Altersberschränkung oder ab 6 und ab 12 Jahren seien auf andere Plattformen abgewandert, allen voran den Nintendo DS. So sei die USK-Statistik also kein Marktabbild, sondern ein USK-Prüfungsabbild.


    Man beugt sich somit nach Meinung der USK wohl keinem politischen Druck. Die Einblicke, die man durch dieses Interview gewonnen hat, sind auf jeden Fall sehr interessant und auch aufschlussreich. Sie helfen möglicherweise dem ein oder anderen, die Arbeit der USK besser nachvollziehen zu können.


    Wer das Interview in voller Länge lesen möchte, findet es hier.

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