Review: Mafia II (PS3)


  • Ein Gangsterepos bekannt unter dem schlichten Namen „Mafia“, oder weniger schlicht „Mafia: The City Of Lost Heaven“, sorgte im Jahr 2002 für Furore. Noch heute ist die Fangemeinschaft des Spiels groß, was wenig verwunderlich ist, schließlich verstanden es die Entwickler des tschechischen Studios Illusion Softworks meisterhaft, ein unterhaltsames Gameplay und eine kinoreife Geschichte zu einem runden Gesamtpaket verschmelzen zu lassen. Jahre später versuchten die Entwickler, nun in 2K Czech umbenannt, an ihren größten Erfolg anzuknüpfen, und zwar mit einer Fortsetzung. Zeit nahm man sich auf jeden Fall, so wurde „Mafia II“ 2007 angekündigt, erschien aber erst 2010. Trotzdem sollte es nicht reichen, um restlos zu überzeugen und als weiteres Gangsterepos in die Geschichte einzugehen. Lag es aber rein am Spiel, oder auch daran, dass man den Erwartungen in Anbetracht des Kultstatus von Teil eins einfach nicht gerecht werden konnte?


    Der amerikanische Traum … und seine Schattenseiten


    Die Familie Scaletta wagt im Jahr 1931 den Sprung von Sizilien nach Empire Bay auf der Suche nach dem amerikanischen Traum. Die Realität ist allerdings weniger rosig als die Vorstellungen der Familie und so verfällt der Vater dem Alkohol und sein Sohn Vito landet beim Kleinkriminellen Joe Barbaro. Es dauert auch nicht lange bis Vito verhaftet wird und vor die Wahl gestellt wird, entweder für Amerika in den Zweiten Weltkrieg zu ziehen oder im Gefängnis zu landen. Die Wahl fällt auf eine Rückkehr in die alte Heimat, die allerdings nicht allzu lange dauert, da er nach zwei Jahren verwundet zurückkehrt. In Empire Bay hat sich in der Zwischenzeit nicht viel getan, so trifft er bald wieder auf seinen alten Freund Joe und zusammen beginnen sie, sich in der Mafia langsam hochzuarbeiten. Der Weg nach oben ist aber ein steiniger, bei dem man für Erfolg und Ansehen einen hohen Preis zahlen muss.


    Cineastische Inzenierung und inhaltliche Flaute


    Der Plot von „Mafia II“ hat ohne Frage mit einigen Schwächen zu kämpfen, so werden mehr Klischees als Überraschungen geboten und dem mafiösen Leben und Sterben um Vito Scaletta in Empire Bay hätten ein paar echte Höhepunkte mehr nicht geschadet. Über diese Mängel kann man aber noch hinwegsehen, da die Kompaktheit, das relativ hohe Tempo, die cineastische Inszenierung sowie die gebotene Abwechslung bei den Missionen und den Locations trotz allem dafür sorgen, dass man mit der knapp zwölf Stunden dauernden Haupthandlung gut unterhalten wird. Mehr schmerzen da die eindimensionalen und fast ausnahmslos schlicht uninteressanten Charaktere, wodurch das Geschehen den Spieler einfach kalt lässt. Trotz allem schafft es die Handlung dank eines sehr starken Finales eher positiv im Gedächtnis zu bleiben.


    Am Gameplay gibt es hingegen kaum etwas auszusetzen, so spielt sich das Ganze genauso, wie man es von einem Third-Person Action-Adventure erwartet. Gewöhnungsbedürftig ist nur, dass man nicht schießen kann, während man fährt, was für ein paar Frustmomente sorgen kann, aber alles in allem verschmerzbar ist. Nervig ist aber, dass die Entwickler ihr eher durchschnittliches Nahkampfsystem zu stark forciert haben. Klargestellt gehört auch, dass „Mafia II“ kein klassisches Open-World-Spiel ist, denn man kann das audiovisuell schön zum Leben erweckte Empire Bay zwar frei erkunden, zu tun gibt es aber nichts, außer (zu) lange Strecken von Punkt A nach Punkt B zurückzulegen. Die Entwickler begründeten diese Entscheidung damit, dass mit zu vielen Aktivitäten der rote Faden verloren gehen könnte, ich glaube aber, ein paar Nebenmissionen und -aktivitäten hätten nicht wirklich geschadet, wie etwa ein „Grand Theft Auto IV“ beweist. Bei den schwachen DLCs „The Betrayal Of Jimmy“, „Jimmy’s Vendetta“ und „Joe’s Adventure“ hat man es übrigens genau umgekehrt gemacht: Nur (Neben)Missionen, dafür quasi ohne Story. Der Weg durch die goldene Mitte wäre wohl in beiden Fällen der Bessere gewesen.


    Mafia II: The Game Of Lost Opportunities


    Auf den Punkt gebracht ist „Mafia II“ auch ohne einen direkten Vergleich mit dem Vorgänger leider nur ein durchschnittliches Action-Adventure, das zwar knapp zwölf Stunden lang gut zu unterhalten weiß, danach aber recht schnell wieder in Vergessenheit gerät. Dies hat hauptsächlich zwei Gründe: Zum einen opfert das Spiel jegliches Potenzial von Empire Bay als offene Welt zugunsten einer straffen und cineastischen Inzenierung. Zum anderen stören die schwachen Charaktere, mit denen man erst langsam warm wird, wenn der Abspann bereits über den Bildschirm läuft, beim Eintauchen in die Geschichte. Kurz und bündig à la Corleone: Ein Angebot, das man auch ablehnen kann.


    Auch veröffentlicht auf NeoRetro.at

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