Review: Dragon Age II (PS3)

  • Dragon Age II



    Cover von Dragon Age II für PS3


    Spätestens mit „Mass Effect“ (2007) und „Dragon Age: Origins“ (2009) hat sich der Videospielentwickler BioWare als Rollenspielspezialist etabliert und mit „Mass Effect 2“ (2010) auch gezeigt, dass gelungene Fortsetzungen ebenfalls zum Repertoire der Kanadier zählen. Wie das Weltraumepos um Commander Shepard war auch das Fantasy-Rollenspiel um das Zeitalter der Drachen von Anfang an als Trilogie konzipiert, so war es nur eine Frage der Zeit, bis das vielgelobte „Dragon Age: Origins“ eine Fortsetzung spendiert bekommen sollte. Dazwischen lieferte BioWare 2010 mit „Awakening“ eine große und gelungene Erweiterung ab, im Jahr darauf war es aber soweit und „Dragon Age II“ erblickte das Licht der Welt. Bei der Community standen dabei im Vorfeld zwei Fragen im Mittelpunkt: Wie geht die Geschichte weiter und wird das Gameplay wie in „Mass Effect 2“ wieder einer Vereinfachung zum Opfer fallen, um ein vermeintlich größeres Publikum zu erreichen?



    Alte Bekannte kreuzen den Weg von Hawke bei seiner Flucht aus Lothering


    Der Held von Ferelden konnte den Erzdämen töten und somit die fünfte Verderbnis aufhalten, viele Existenzen lagen aber nach den Übergriffen der Dunklen Brut in Trümmern. Dazu zählt auch die der Familie Hawke aus Lothering, die in Kirkwall, eine Stadt der Freien Marschen, einen Neuanfang wagen musste. Schon bei seiner Ankunft wird er mit Problemen konfrontiert, so wird Flüchtlingen der Zutritt verweigert und Fereldener werden in der Stadt wie Abschaum behandelt. Kirkwall hat aber auch mit zahlreichen internen Problemen zu kämpfen, so droht durch gestrandete Qunari eine Rebellion und der ewige Konflikt zwischen Templer und Magier droht zu eskalieren. Eine zentrale Rolle beim Ausgang dieser Krisen spielt dabei kein Geringerer als Hawke, der spätere Champion von Kirkwall.



    Nicht gerade einladend: Kirkwall in den Freien Marschen


    Die Kritik, dass das Spiel im Vergleich zum Vorgänger massentauglicher gemacht wurde, war hier wie auch bei „Mass Effect 2“ zu hören und ist nicht ganz falsch. Das Gameplay des herausragenden „Dragon Age: Origins“ wurde zwar großteils unberührt gelassen (einige kleinere Änderungen, wie die Übernahme des Kreismenüs aus „Mass Effect“, fallen weder negativ noch positiv ins Gewicht), über so manches lässt sich aber doch streiten. Die Kämpfe sind etwa actionlastiger geworden, so dass es durchaus noch notwendig ist, mit allen Klassen umgehen zu können und ein ausbalanciertes Team mitzuführen, situationsabhängige Taktiken sind aber großteils hinfällig, da ein Weiterkommen meistens auch so gelingt. Ein weiterer Kritikpunkt bezieht sich auf die Mitstreiter, und zwar können diese in „Dragon Age II“ nur mehr sehr beschränkt ausgerüstet werden, wodurch Individualisierungsmöglichkeiten ins Wasser fallen und ein großter Teil des Reizes verloren geht, stets auf der Suche nach mächtigeren Rüstungen und Waffen zu sein.



    Zwerg Varric stürzt sich in den Kampf


    Wie bereits erwähnt halten sie die Änderungen im Gameplay also in Grenzen, etwas ärgerlich ist aber schon, dass für einen einsteigerfreundlicheren Zugang beliebte Elemente des Vorgängers eher zum Schlechten geändert wurden. Alles in allem macht „Dragon Age II“ aber spielerisch nicht gravierend weniger Spaß als der Vorgänger. Das Gameplay ist aber nur die eine Seite der Medaille, mindestens ebenso wichtig ist nämlich der Plot. Genau da aber hat das Spiel mit einigen Schwächen zu kämpfen. Die Ausgangssituation ist dabei noch sehr interessant, so kreuzt die Geschichte zu Beginn den Kampf des Helden von Ferelden gegen die Verderbnis, geht dann aber in eine ganz andere Richtung und schildert den persönlichen Aufstieg der Figur Hawke (der Spieler kann nur noch das Geschlecht und die Klasse seiner Figur bestimmen) vom Flüchtling zum Champion von Kirkwall. Auch gefällt der Zugang, dass während dieses Aufstiegs durch eher kleinere Zwischenfälle ein Ereignis in Gang gesetzt wird, welches weitreichende Folgen für die ganze Welt hat.



    Der Konflikt zwischen Magier und Templer droht zu eskalieren


    Soweit so gut, bei der Umsetzung happert es aber ein wenig. Die Haupthandlungsstränge sind sehr überraschbar, so tut sich im Kern nicht viel mehr als etwa in der Erweiterung „Awakening“, und auch die teilweise interessanten Nebenhandlungsstränge um die Gefährten des Champion von Kirkwall verlaufen oft im Sande. Die Auflösung wirkt auch etwas abgehackt und im Nachhinein hat man das Gefühl, eigentlich nur eine wichtige Entscheidung im Laufe des Spiels getroffen zu haben, was eher schlecht ist für eine Reihe, die vermeintlich auch von den Entscheidungsfreiheiten lebt. Vieles wirkt so, als ob BioWare einfach nicht genug Zeit gehabt hätte, um einen ausgereifteren Plot auf die Beine zu stellen, und auch die Positionierung des Spiels als Brücke zu Teil drei war vielleicht eher kontraproduktiv, denn Vieles wird nicht konsequent ausgespielt und ebnet lediglich den Weg für den Abschluss der Trilogie, wo noch lose Handlungsstränge zu einem Ende geführt werden können. Hoffentlich gelingt dies, denn Potenzial ist durchaus vorhanden.



    Piratin Isabela tötet einen Qunari, die in Kirkwall gestrandet sind und ihren Glauben verbreiten


    Potenzial hatte ebenfalls Kirkwall als Location mit seinen engen Gassen, der Galgenburg samt ihrer dunklen Geschichte und den spärlich bewohnten Arealen der Freien Marschen in der Umgebung. Allerdings ist es wirkich ärgerlich, dass sich Räume und Höhlen einfach immer wiederholen. Aufgrund der ohnehin recht wenigen Areale hätte BioWare hier einfach für mehr Abwechslung sorgen müssen. Dafür hat man aber die (kleineren) Probleme auf den Konsolen großteils in den Griff bekommen, so läuft das Spiel flüssig, die Grafik kann sich sehen lassen und der Soundtrack glänzt wieder einmal als stimmungsvoller Begleiter. Das Herz und die Seele von „Dragon Age II“ sind aber nach wie vor die interessanten (neuen wie alten) Charaktere und die Dialoge, und auf diesem Gebiet kann sich das Spiel wieder auszeichnen und den Spieler in seine Welt entführen. Schade ist nur, dass das Lager getrichen wurde, in dem alle Charaktere verweilten. In Teil zwei hat jeder Charakter sein Hauptquartier, wodurch sich die Interaktionen quantitativ und qualitativ nicht so intensiv gestalten und die Mitstreiter, die man nicht immer als Begleiter mit hat, fast wie gewöhnliche Questgeber erscheinen.



    Die Skills der Charaktere können individuell angepasst werden


    Fazit:
    Zusammenfassend ist „Dragon Age II“ dem genialen Vorgänger „Dragon Age: Origins“ in allen Belangen unterlegen, das typische „Dragon Age“-Gefühl macht sich aber trotzdem breit und aufgrund der Rolle des Spiels als Wegbereiter zum Abschluss der Trilogie ist man auf diesen sehr gespannt. Trotz allem wünscht man sich, das Spiel hätte mehr Umfang (nur rund 30 Stunden Spielzeit, mit DLCs etwas mehr), eine ausgereiftere Handlung und vor allem mehr (statt weniger) Möglichkeiten (simplere Kämpfe, Ausrüsten der Mitstreiter nur sehr beschränkt möglich). Potenzial war da, wurde aber nicht ausgereizt. Nun liegt es an „Dragon Age III“, der Reihe einen würdigen Abschluss zu spendieren und das „nur“ solide bis gute „Dragon Age II“ als einmaligen Rückschritt zu den Akten zu legen.

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